Vertrauen aufbauen bei einem ängstlichen Hund - unsere Erfahrung und was wirklich hilft.
📘 In diesem Artikel erfährst du:
- 🐾 warum ängstliche Hunde Vertrauen oft erst lernen müssen – und welche Rolle Genetik, Erfahrungen und Umwelt dabei spielen,
- 🐾 wie du mit Sicherheit, Routine und kleinen Erfolgserlebnissen Vertrauen aufbaust,
- 🐾 und warum Geduld, Rückschritte und gemeinsame Erlebnisse der wahre Schlüssel sind.
Wenn du dich tiefer in das Thema einlesen möchtest:
Diese beiden Bücher haben mir auf unserem Weg mit Simba besonders geholfen:
- 📘 „Hunde lesen lernen“ von Maren Grote – hilft, die Körpersprache und Emotionen deines Hundes empathisch zu verstehen.
- 📗 „Artgerechte Hundeerziehung“ von Daniel Joeres – zeigt, wie du Führung und Vertrauen in Balance bringst.
➡️ Lies auch: Die ersten Tage mit dem Tierschutzhund und Erziehung eines Straßenhundes – unsere Tipps aus Erfahrung.
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Als Simba bei uns einzog, war die Welt für ihn ein gefährlicher Ort. Menschen, Kinder, Fahrräder, plötzliche Geräusche – alles machte ihm Angst. Vieles davon begleitet uns bis heute, und Simba wird immer ein Hund mit besonderen Bedürfnissen bleiben. Aber Schritt für Schritt konnten wir gemeinsam lernen, damit umzugehen. Heute ist aus dem unsicheren, ängstlichen Straßenhund ein neugieriger, selbstbewusster Begleiter geworden, der mit uns die Welt erkundet.
Der Weg dahin war kein gerader. Es brauchte Geduld, Ruhe, Empathie – und die Bereitschaft, wirklich hinzusehen und zu verstehen. Wir haben ausprobiert, Fehler gemacht, Rückschläge erlebt und wieder neu begonnen. Aber all das – das gemeinsame Üben, das Raum geben, das gegenseitige Vertrauen lernen – hat uns zusammengeschweißt. Und irgendwann war klar: Vertrauen entsteht nicht durch Training oder Kontrolle, sondern durch Nähe, Ehrlichkeit und Zeit.
„Das Allerwichtigste ist, dass du einfach du bleibst. Verstelle nicht deine Stimme oder überspiele deine Gefühle. Dein Hund merkt das sofort und es macht dich für ihn unehrlich, unkalkulierbar und schwierig.“
– Anne Bucher
Dieser Satz bringt es auf den Punkt: Vertrauen braucht Echtheit. Hunde spüren, ob wir ehrlich sind. Sie spüren auch Ungeduld, Ärger oder Frust – und reagieren darauf mit Rückzug.
„Stellen Sie sich vor, Sie haben vor etwas große Angst, und Ihr Partner ist deshalb wütend auf Sie und schreit Sie an. […] Das ist nicht zuträglich für eine gute Beziehung zueinander, sondern kann sie sogar zerstören.“
„Artgerechte Hundeerziehung“ – Daniel Joeres
Vertrauen bedeutet also nicht, Angst „wegzutrainieren“, sondern eine Beziehung aufzubauen, in der sich der Hund sicher fühlen darf. Es ist kein Wundermittel und kein Rezept – sondern ein Prozess, der Zeit, Verständnis und echtes Miteinander braucht.
Inhaltsverzeichnis
Warum ängstliche Hund Vertrauen oft erst lernen müssen
Als Simba zu uns kam, war er etwa zehn Monate alt – also eigentlich schon ein Junghund. Trotzdem mussten wir bei vielen Dingen ganz von vorne anfangen. Eine Wohnung von innen kannte er nicht, Gassi gehen an der Leine war ihm fremd, und selbst alltägliche Geräusche wie Mülltonnen, Lieferwagen oder Kinder auf Fahrrädern machten ihm Angst. Erst mit der Zeit haben wir verstanden, warum: Ein Teil seiner Unsicherheit ist vermutlich genetisch bedingt – vieles an seinem Verhalten erinnert an Hütehunde, die sehr fein auf Reize reagieren und dadurch schneller überfordert sind.
„Es ist ein großer Unterschied, ob ein robusterer Hundetyp […] oder ein Border Collie […] mit denselben Reizen konfrontiert wird.“
– Martin Doehler, martinruetter.com
Neben dieser Veranlagung spielte aber auch Simbas Lebensgeschichte eine große Rolle. Die ersten vier Monate verbrachte er vermutlich auf der Straße, danach rund ein halbes Jahr in einem rumänischen Tierheim. In dieser wichtigen Sozialisierungsphase hat er kaum positive Erfahrungen mit Menschen, Geräuschen oder Alltagsreizen gemacht. Viele seiner Ängste – vor Männern mit dunkler Kleidung oder lauten Stimmen – deuten darauf hin, dass es in dieser Zeit auch negative Erlebnisse gegeben haben muss.
„Gerade Hunde, die über Tierschutzorganisationen den Weg nach Deutschland finden, können erhebliche Defizite beim Umgang mit verschiedenen Umwelteinflüssen haben.“
– Martin Döhler, martinruetter.com
Auch die Prägung durch das Umfeld kann Angstverhalten beeinflussen:
„Ein Welpe, der mit einer ängstlich gegenüber Männern eingestellten Mutter aufwächst, […] wird sich auch eher skeptisch und vorsichtig Männern annähern.“
– Martin Döhler, martinruetter.com
All diese Faktoren – Genetik, frühe Erfahrungen, fehlende Sozialisierung – führen dazu, dass viele Tierschutzhunde Vertrauen erst lernen müssen. Hinzu kommen manchmal auch körperliche Ursachen, die man abklären sollte:
„Nicht außer Acht zu lassen sind Ursachen für Ängste, die im physiologischen Bereich liegen […] Eine umfassende Untersuchung beim Tierarzt […] sollte bei starkem Angstverhalten immer begleitend zu einem Training folgen.“
– Martin Döhler, martinruetter.com
Wir haben bei Simba erlebt, dass Vertrauen Zeit braucht – und zwar länger, als wir anfangs dachten. Die oft zitierte 3-3-3-Regel beschreibt das sehr treffend: Drei Tage, um anzukommen, drei Wochen, um erste Routinen zu entwickeln, und etwa drei Monate, um langsam Vertrauen zu fassen. Bei uns hat diese Regel erstaunlich gut gepasst – auch wenn sie keine Garantie ist. Nach drei Monaten war Simba zwar angekommen, aber wir standen trotzdem noch ganz am Anfang. Vertrauen wächst nicht linear – es ist ein Prozess in Wellen.
Die Grundlagen: Sicherheit und Kalkulierbarkeit
Von Anfang an durfte Simba entscheiden, wann er Nähe wollte und wann er Abstand brauchte. Wir haben ihm Rückzugsorte geschaffen, an denen er wirklich zur Ruhe kam – und gleichzeitig waren wir immer da, wenn er unsere Nähe suchte. Dieses Gleichgewicht aus „Raum geben“ und „da sein“ war der erste Schritt, um ihm Sicherheit zu vermitteln.
In den ersten Tagen bestand unser Alltag vor allem darin, Routinen zu schaffen. Wir haben ihm gezeigt, wie unser Tag aussieht, ohne zu erwarten, dass er sofort „funktioniert“. Wenn er auf der Gassirunde im Park blockierte, weil ihm praktisch alles Angst machte, war das zunächst in Ordnung. Statt zu drängen, haben wir ihn ruhig ermutigt, kleine Schritte zu machen – und jeden Erfolg überschwänglich gelobt.
„Ein Hund, der vor vielem Angst hat, sollte stets erkennen können, dass er sich auf seinen Menschen verlassen kann. […] Dazu gehört, dass dieser ihn nicht überfordert und in unlösbare Situationen hineinzwingt, andererseits, dass er dem Hund in schwierigen Momenten Schutz bietet.“
– Martin Döhler, martinruetter.com
Das ist der Kern: Ein unsicherer Hund gewinnt Sicherheit, wenn sein Mensch kalkulierbar bleibt. Wenn du deinem Hund klare Strukturen gibst, regelmäßig denselben Ablauf bietest und ruhig bleibst, selbst wenn etwas nicht klappt, kann er sich an dir orientieren.
„Bei ängstlichen Hunden ist es besonders wichtig, dass sie sich in einem sicheren sozialen Gefüge aufgehoben fühlen – und hierzu gehören Regeln und klare Strukturen im Zusammenleben.“
– Martin Döhler, martinruetter.com
Sicherheit heißt aber nicht, den Hund vor allen Erfahrungen zu schützen. Auch ein ängstlicher Hund muss Neues erleben – nur eben dosiert und positiv.
„Achte darauf, wann und wo Ihr Euch durch die Umwelt bewegt, halte die Risiken für Schreck- und Angstmomente gering und passe Eure Aktivitäten dem an, was Ihr bereits erfolgreich bewältigen könnt.“
– Anne Bucher
Wir haben für uns die Regel gefunden: lieber kleine Schritte, die gut ausgehen, als große, die überfordern. Oder wie Anne Bucher es ausdrückt:
„Auch ein ängstlicher Hund muss Erfahrungen sammeln dürfen. Es sollten allerdings gute sein.“
Ein schönes Beispiel dafür war, wie Simba gelernt hat, Besuch zu akzeptieren. Anfangs verschwand er bei jedem Klingeln hinter dem Sofa. Heute begrüßt er vertraute Gäste neugierig – weil wir ihn nie gezwungen, sondern ihm immer die Wahl gelassen haben, wie nah er gehen möchte. Jedes Mal, wenn er selbst die Entscheidung traf und merkte, dass nichts Schlimmes passierte, wuchs sein Vertrauen – in uns und in sich selbst.
Kommunikation und Körpersprache verstehen
Einer der wichtigsten Schritte auf unserem Weg mit Simba war, ihn wirklich lesen zu lernen. Dazu braucht es Wissen, aber vor allem Zeit, Geduld und Empathie – und den Willen, seinen Hund wirklich verstehen zu wollen.
„Lerne, das Ausdrucksverhalten Deines Hundes zu lesen. Angst stellt sich unterschiedlich dar, und viele kleine Signale übersehen wir im Alltag, wenn wir nicht darin geübt sind.“
– Anne Bucher
Wir mussten zunächst begreifen, wie Simba auf unsere eigene Kommunikation reagierte. Wie bekommt man seine Aufmerksamkeit, ohne Druck auszuüben? Wie fühlt er sich, wenn man etwas einfordert?
Am Anfang machten wir – wie viele – Fehler. Wir wollten ihm helfen, verstanden aber noch nicht, dass unsere Art zu reagieren sein Vertrauen untergrub. Ich habe anfangs versucht, mit leiser, aber bestimmter Stimme zu schimpfen – und ihn ein-, zweimal leicht nach unten gedrückt, um ihm zu zeigen, dass etwas „nicht richtig“ war. Heute weiß ich: Das war ein Fehler. Diese Form von Korrektur machte ihn nur unsicherer, er zog sich zurück und ließ sich in Stressmomenten kaum noch abrufen.
„Es macht keinen Sinn, Deinen Hund für Unsicherheit zu bestrafen. […] Je unsicherer der Hund, desto mehr Angstverhalten wird er zeigen.“
– Anne Bucher
Mit der Zeit haben wir gelernt, Simbas Körpersprache genauer zu deuten – und zu verstehen, wann er Angst, Stress oder bereits Vertrauen zeigte.
🐾 Angst- vs. Vertrauenszeichen beim Hund - nach Maren Grote, "Hunde lesen lernen".
| Angst / Unsicherheit | Vertrauen / Entspannung |
|---|---|
| Eingezogener Körper, abgeduckte Haltung | Lockeres, langgestrecktes Gangbild |
| Ohren angezogen, angespannter Gesichtsausdruck | Weiche Mimik, bewegliche Ohren |
| Weit geöffnete Pupillen, starrer Blick | Ruhiger, sanfter Blickkontakt |
| Zittern, übermäßiges Hecheln, Speichelfluss | Gleichmäßige Atmung |
| Rute eng nach unten eingerollt | Locker getragene, leicht wedelnde Rute |
| „Freeze“ – steht reglos, blockiert | Aktive, freiwillige Bewegung zum Menschen |
| Fluchtversuch bei Reizen | Bleibt trotz Reiz in der Nähe, sucht Orientierung |
Viele Hunde zeigen bei Angst eine der drei klassischen „Fight – Flight – Freeze“-Reaktionen:
- Flight (Flucht) – die häufigste Reaktion: Der Hund möchte einfach nur weg.
- Freeze (Einfrieren) – er bleibt stehen, bewegt sich nicht, „blockiert“.
- Fight (Kampf) – tritt selten auf, meist nur, wenn der Hund sich massiv bedroht fühlt.
Simba reagierte anfangs fast immer mit Freeze oder Flight: Er blieb stehen oder wollte panisch fliehen. Heute passiert das nur noch selten – laute Schüsse sind die letzten Auslöser.
Umso wichtiger ist es, Stress früh zu erkennen und aktiv abzubauen. Angst erzeugt immer Stress, aber nicht jeder Stress ist Angst. Ein gewisses Maß an positiver Aufregung gehört zum Lernen dazu – entscheidend ist der anschließende Ausgleich.
„Stress kann angenehm sein, wenn die Herausforderung gemeistert werden kann. […] Der Hund braucht den Wechsel aus Anspannung und Ruhe.“
– Hunde lesen lernen, Maren Grote
Bei Simba hat sich eine einfache Routine bewährt: Nach fordernden Situationen gibt es zwei Stunden Ruhe – im abgedunkelten Schlafzimmer, mit sanfter Massage oder Kauen auf seiner Lieblingsstange.
„Ruhige Massage, Kauen oder Entspannung in einem reizarmen Raum helfen dem Hund, überschüssiges Cortisol abzubauen.“
– Hunde lesen lernen, Maren Grote
Diese kleinen Rituale sind kein Luxus, sondern essenziell, um Vertrauen zu festigen. Sie zeigen dem Hund: Du bist sicher. Ich sehe dich. Ich bleibe ruhig.
Und genau das ist die Sprache, die ängstliche Hunde verstehen.
Vertrauen wächst durch gemeinsame Erlebnisse
Vertrauen entsteht nicht im Stillstand, sondern im gemeinsamen Erleben. Für uns war es von Anfang an wichtig, mit Simba positive Erfahrungen zu teilen – kleine wie große. Die ersten Spaziergänge, kurze Wanderungen, Kuscheln auf der Couch oder einfach gemeinsame Ruhephasen. All das half ihm, unsere Nähe mit Sicherheit und Freude zu verbinden.
Mit der Zeit kamen auch spielerische Elemente dazu. Simba liebt es, anderen Hunden hinterherzulaufen – und irgendwann haben wir dieses Spiel in unseren Alltag übernommen. Seit er zuverlässig abrufbar ist, haben wir ein Ritual daraus gemacht: Er sitzt ab, wartet auf das Kommando – und dann starten wir gemeinsam über die Wiese, jagen uns spielerisch hin und her, bis das nächste Kommando das Spiel beendet.
So erlebt Simba uns nicht als „Spielverderber“, sondern als Teil des Spaßes – und gleichzeitig bleibt die Struktur erhalten. Das stärkt nicht nur die Bindung, sondern auch die Kooperation.
„Gemeinsames Arbeiten schafft Vertrauen und ruft positive Gefühle hervor. […] Auch das Erlernen kleiner Tricks oder Aufgaben für die Hundenase erzeugen schöne gemeinsame Momente.“
– Martin Döhler, martinruetter.com
Auch kleine Aufgaben im Alltag – wie Suchspiele, Nasenarbeit oder das Lernen einfacher Tricks – fördern Vertrauen. Sie zeigen dem Hund: Ich kann etwas richtig machen. Ich werde verstanden.
Und genau diese Erfolgserlebnisse sind der Schlüssel zu stabiler Bindung.
„Gute Beziehungsarbeit führt dazu, dass der Mensch dem Hund wichtiger ist als andere Reize in der Umwelt […] Gute Beziehungsarbeit heißt aber auch klare Beziehungen und Hierarchien.“
„Artgerechte Hundeerziehung“ – Daniel Joeres
Das bedeutet nicht, dass Vertrauen Disziplin ersetzt – im Gegenteil. Klare, faire Strukturen geben Hunden Sicherheit. Gemeinsame Aktivitäten schaffen Verbindung, klare Grenzen geben Stabilität.
„Positive gemeinsame Erfahrungen durch Spielen und Meistern neuer Situationen – so entsteht echte Bindung.“
„Artgerechte Hundeerziehung“ – Daniel Joeres
Ebenso wichtig wie neue Erlebnisse sind Pausen zur Verarbeitung. Vertrauen wächst nicht, wenn man jeden Tag „Neues“ erwartet – sondern, wenn Erfahrungen sich setzen dürfen.
„Nun ist es ebenso wichtig, dem Hund Zeit zu geben, die positiven Erfahrungen zu verarbeiten […] mindestens ein, zwei Tage zu pausieren, bevor das Training fortgesetzt wird.“
– Martin Döhler, martinruetter.com
Wir merken das bei jeder Reise, jedem Ausflug: Nach einem Tag voller Eindrücke braucht Simba Zeit, um das Erlebte zu verarbeiten. Ein ruhiger Abend, eine entspannte Massage oder ein Tag zu Hause wirken oft stärker als jede Übungseinheit.
Denn am Ende zählt nicht, was der Hund kann – sondern, was ihr miteinander erlebt.
Rückschritte und Geduld: Die 3-3-3 Regel
Die bekannte 3-3-3-Regel ist eine gute Orientierung, um zu verstehen, wie lange es dauern kann, bis ein Tierschutzhund in seinem neuen Zuhause wirklich ankommt. Sie stammt von der Longmont Humane Society und beschreibt die Eingewöhnung in drei Phasen:
Die ersten 3 Tage: Der Hund braucht Ruhe, um anzukommen. Alles ist neu – Geräusche, Gerüche, Menschen. In dieser Zeit sollte man Reize und Erwartungen minimieren und einfach nur Sicherheit bieten.
Die ersten 3 Wochen: Der Hund beginnt, Routinen zu erkennen, Vertrauen zu fassen und die neue Umgebung vorsichtig zu erkunden. Kleine Erfolgserlebnisse und Lob sind jetzt besonders wichtig.
Die ersten 3 Monate: Eine stabile Bindung beginnt sich zu entwickeln. Der Hund versteht den Alltag, weiß, was ihn erwartet, und kann immer öfter entspannen.
„First Three Days: Give your rescue dog time to adjust […] Provide a quiet and safe space.“
„Next Three Weeks: Focus on training and bonding […] Praise every success!“
„First Three Months: Continue socializing […] Continue building your bond!“
– Longmont Humane Society
Für uns hat diese Regel erstaunlich gut gepasst – zumindest als grober Leitfaden. Nach etwa drei Tagen begann Simba, die Wohnung zu erkunden. Nach drei Wochen hatten wir erste Routinen – und nach drei Monaten war eine erste Basis da.
Aber eines haben wir schnell gelernt: Nach drei Monaten ist der Prozess nicht abgeschlossen – er beginnt erst.
Vertrauen und Bindung entwickeln sich nicht linear. Es gibt Fortschritte, Stillstand, Rückschritte – und das ist völlig normal. Wir hatten Phasen, in denen Simba souverän, neugierig und entspannt war – und dann kam ein Moment, in dem er plötzlich wieder auf Geräusche oder fremde Menschen panisch reagierte.
Im Rückblick konnten wir vieles erklären: stressige Familienbesuche, lange Autofahrten, ein lautes Wochenende – all das kann bei sensiblen Hunden Nachwirkungen haben. Stress wirkt nach, oft über Tage oder Wochen. Und genau deshalb ist es so wichtig, Geduld zu haben – mit dem Hund, aber auch mit sich selbst.
„Nun ist es ebenso wichtig, dem Hund Zeit zu geben, die positiven Erfahrungen zu verarbeiten. […] Mindestens ein, zwei Tage zu pausieren, bevor das Training fortgesetzt wird.“
– Martin Döhler, martinruetter.com
Seit wir das verstanden haben, gehen wir mit Rückschritten gelassener um. Wenn Simba heute mal wieder einen schlechten Tag hat, wissen wir: Das ist kein Rückfall, sondern Teil des Prozesses. Wir lassen ihm Ruhe, reduzieren Reize, geben ihm Nähe – und das Vertrauen kehrt jedes Mal zurück.
Am Ende ist Geduld das, was Vertrauen trägt. Die 3-3-3-Regel kann dir Orientierung geben – aber dein Hund hat sein ganz eigenes Tempo.
Und das ist völlig in Ordnung
Fazit: Vertrauen aufbauen ist ein Prozess, der niemals endet
Simba lebt jetzt seit über zwei Jahren bei uns – und eines ist klar: Vertrauen ist nichts, das man „fertig“ hat. Es ist ein Prozess, der sich mit jedem gemeinsamen Erlebnis weiterentwickelt. Manche Ängste bleiben, andere verschwinden – aber das Wichtigste ist, dass wir gelernt haben, damit zu leben, anstatt dagegen anzukämpfen.
Wenn wir eines weitergeben können, dann das:
Hab Geduld. Nimm dir Zeit, deinen Hund zu lesen und zu verstehen. Mach dich nicht verrückt, wenn dein Hund nicht so funktioniert, wie du es vielleicht erwartest. Freu dich über die kleinen Fortschritte – und über das, was zwischen euch wächst.
Schaffe positive Erlebnisse, aber gib deinem Hund durch deine Führung auch Klarheit und Sicherheit.
„Der Hundehalter steht zwingend in der Verantwortung zu erkennen, wann er ein Verhalten verlangen kann, und wann der Hund etwas nicht leisten kann. In solchen Situationen sollte der Mensch seinen Hund unterstützen und ihm als wichtiger Sozialpartner beistehen.“
„Artgerechte Hundeerziehung“ – Daniel Joeres
Denn Vertrauen entsteht nicht durch Perfektion, sondern durch Verlässlichkeit, Verständnis und Liebe im Alltag.
„Dein Hund sammelt Erfahrungen, wie angenehm es mit Dir ist, wie viel Sicherheit Du ihm schenken kannst und wie er sich von Dir Unterstützung holen kann.“
– Anne Bucher
Am Ende geht es genau darum: dass dein Hund weiß, dass er sich auf dich verlassen kann – egal, was passiert. Dass du da bist, ruhig bleibst, und ihm hilfst, die Welt Schritt für Schritt zu verstehen.
📚 Unsere Empfehlungen zum Weiterlesen
Diese beiden Bücher haben uns auf unserem Weg mit Simba besonders geholfen – vielleicht helfen sie auch dir:
-
📘 „Angst bei Hunden verstehen und verändern“ – Anne Bucher
Ein einfühlsames Buch, das hilft, Angstverhalten deines Hundes wirklich zu verstehen. -
📗 „Artgerechte Hundeerziehung“ – Daniel Joeres
Klar, fundiert und praxisnah – wie du Vertrauen und Führung in Balance bringst.
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